Buchenwald – eine Annäherung, Part 1

Seit Frühjahr 2015 entsteht meine Dokumentation über den Aufbau der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte Buchenwald. Die Eröffnung der Ausstellung am 17. April 2016 wird das Ende dieses Films der a+r film in Zusammenarbeit mit ZDF und 3sat markieren. Parallel entsteht ein filmisches Portrait des Leiters der Stiftung der Gedenkstätte Volkhard Knigge.

Da ist das Tor, die weite Fläche des Appellplatzes, der unförmige Bau der sog. Effektenkammer (in der die neue Ausstellung aufgebaut wird), da ist der farbige Schotter, der die Grundrisse der längst abgebauten Baracken zeigt. Im Hintergrund, Richtung Harz, den man bei klarem Wetter sieht, die Windräder der Deutschen Energiewende. Dazwischen Wald. Buchenwald.

Drehen in Buchenwald heisst, sich dem Ort immer und immer wieder anzunähern. Mit und ohne Kamera. Kalkulierte Drehtage nützen einem nichts, um dieses Buchenwald respektvoll zu filmen. Aufmerksam sein, sich treiben lassen. Immer wieder ergiebt sich etwas Neues zwischen der Kamera und dem geplanten Drehvorhaben. Ein Lichteinfall, eine Böe, die in den Wald fährt, ein Regenschauer in dem ein ehemaliger Wachturm optisch versinkt.

Hier zu sein, bedeutet sich auszusetzen: dem Tageslicht, den Besuchern, die schubweise in Gruppen durch das Tor geschleust werden oder sich einzeln auf dem Gelände verlieren, dem Gewitterregen, den wenigen Gebäuden, die vom Lager übrig geblieben sind.

Der Geschichte des Ortes seit 1937 .Die Suche nach  „Authentizität“ scheint hier sinnlos, der 70jährige Abstand zwischen Heute und den letzten KZ-Tagen im April 1945 misst heute mehrere Generationen. Längst ist das Dach des Krematoriums neu gedeckt worden, das berühmte Tor mit der Bauhaus-Inschrift „Jedem das Seine“ denkmalgerecht und handwerklich einwandfrei restauriert. Zeit ist vergangen.

An den Rändern der Waldsäume, am Rande des Lagergeländes stehen noch immer die Reihen jener Zaunpfähle, welche zum Lagerzaun gehörten. Der Stacheldraht ist höchstens noch in rostigen Fragmenten vorhanden, meistens fehlt er ganz. Der Beton dieser Pfähle ist oft zerfressen, Stücke sind von den inneren Armiereisen gefallen. Lotrecht steht kaum mehr einer von ihnen. Aber es gibt sie eben noch. Sie sind da. Sie stehen  wie eine Skizze, eine Notiz, ein flüchtiger Hinweis. Ein Nachhall. Oft markieren sie  nunmehr eine Schneise zwischen Baumreihen und wenn dann plötzlich die Sonne in diese Lichtung, in diesen Streifen fällt, ist alles wie ein Kurort in diesem Buchenwald. Und war doch und ist noch immer ein „Postenweg“. 70 Jahre sind dann nichts mehr. Gar nichts.